„Der Meister des unaufgeregten Blicks“ Ein Nachruf auf Thomas Plenert

Von Matthias Dell. Der Kameramann Thomas Plenert drehte mit allen großen Regisseurinnen und Regisseuren der DDR. Aber eigentlich haben sie mit ihm gearbeitet.

Wer zum Beispiel „Winter adé“ (1988) von Helke Misselwitz gesehen hat, wird die Szene nicht vergessen, in der Schichtarbeiterin Christine in der Brikettfabrik bei Altenburg ihren Rundgang macht: Jede Stunde klopft sie mit einem Hammer gegen die Ofenrohre, damit der Feinstaub sich nicht ablagert. Gedreht hat Plenert die ikonische Szene aus dem Stand: Der Zug hatte Verspätung, ein Taxi war nicht zu kriegen, das Schichtende nahte, und so schulterte Plenert bei Ankunft in der Fabrik die Kamera – er filmte, ohne zu wissen, was ihn erwartet.

Auf die Frage, was einen guten Kameramann im Dokumentarfilm ausmacht, hat Thomas Plenert einmal geantwortet: Das bisschen durchgucken können viele. Dass es die wenigsten so gut konnten wie Thomas Plenert, ist keine Koketterie, sondern Ausdruck einer Könnerschaft, die sich nicht wortreich erklären musste, weil sie selbstverständlich war.



© Tagesspiegel, Kultur, 19.7.2023

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