„Haupt- und Nebenstimmen“ Werke von David Fennessy, Georges Aperghis und Hans-Joachim Hespos
Wer kennt das nicht. Solisten, die sich abrackern, aber nicht zu hören sind. Vom Tutti oder Tonband überrollt. Nur das Auge – oder die Aufnahmetechnik – kann da noch helfen. Das Solo als Nebensache, das sich Gehör verschaffen bzw. eine Stimme finden muss.
Hauptstimme nennt David Fennessy sinnigerweise sein Kammerkonzert. Die Solo-Viola ist die meiste Zeit „unter den dichten Klängen des Ensembles begraben“, strampelt sich nach und nach frei, bevor sie am Ende ganz allein übrigbleibt. Fennessy geht es um die Frage, was das Individuum „zu einer Gruppe beitragen kann und wie es in dieser funktioniert“, auch, „wie diese Gruppe aussagekräftig mit einer Stimme sprechen kann.“Georges Aperghis lässt in „Dans le mur“ das Klavier gegen die Wand anspielen bzw. fahren. Eingemauert sind darin Schnipsel und Fragmente der vermeintlich großen Klavierliteratur des 19. Jahrhunderts, eine Projektionsfläche, auf die der Pianist seine Aktionsgesten wie Graffiti sprayt. Hans-Joachim Hespos setzt in Seiltanz den Solisten in ein Ölfass, aus dem dieser sich – bewaffnet mit einem Schweißgerät – mühsam befreien muss: ein spektakulärer, funkensprühender Ausbruch.
David Fennessy: Hauptstimme für Viola und Ensemble;
Megumi Kasakawa, Viola; Ensemble Modern, Leitung: David Niemann
Georges Aperghis: Dans le mur für Klavier und Tonband;
Nicolas Hodges, Klavier
Hans-Joachim Hespos: Seiltanz, aus „Szenisches Abenteuer für Akteur und Ensemble“;
ensemble 13, Leitung: Manfred Reichert
© WDR 3, Studio Neue Musik, 15.1.2020