Und Wolfgang Sandner gratuliert. Ein Star wird er – zum Glück – wohl nicht mehr werden, aber er ist längst mehr als der Geheimtipp aus der Frankfurter Schule des Jazz: Dem phantasiereichen Jazzsaxophonisten Christof Lauer zum 70. Geburtstag.
Christof Lauer ist kein Star. Er wird – dem Himmel sei Dank – wohl auch keiner mehr werden. Dafür fehlt ihm das Interesse an den dazu notwendigen Accessoires: am Lautsprecher des allgegenwärtigen Marketing, am Lamborghini in der Garage und einem Zweitwohnsitz in Los Angeles. Christof Lauer spricht, wenn überhaupt, nur sehr leise. Er wohnt schon seit ewigen Zeiten in einem unspektakulären Stadtteil, den er in seiner hintergründigen Art einmal als die Bronx von Frankfurt bezeichnet hat. Wenn er wie früher von dort aus zu seinem Arbeitgeber pendelte, der NDR Bigband nach Hamburg, dann nahm er dazu auch die Bahn.
Kann man mit einer austernhaften Verschwiegenheit, einer offenbar angeborenen Scheu vor großen Gesten und einer bescheidenen Visitenkarte, auf der unter dem Namen nichts weiter als die Berufsbezeichnung „Musician“ steht, Karriere machen? Man kann, wenn man das Genie, das in einem schlummert, mit Beharrlichkeit und Konzentration zum Vorschein bringt. Christof Lauer ist zu einem Jazzmusiker von internationalem Rang geworden, zu einem Saxophonisten, der den Vergleich mit den großen Vorbildern aus Amerika und Europa – von John Coltrane bis Heinz Sauer – besteht und selbst lange schon den jungen Wilden auf dem prototypischen Jazzinstrument als Leitfigur dient.
© FAZ, Feuilleton, 25.5.2023