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R.I.P. Tina Turner … Nachrufe ….

Tina Turner war ein weibliches Rolemodel. Sie befreite sich aus einer gewalttätigen Ehe und ging ihren Weg. Der führte sie ganz nach oben. Turner wurde ein Superstar und eine der erfolgreichsten Frauen des Pop. Von Karl Fluch.

John Carter ging auf die Knie und sagte: „Ich stehe erst wieder auf, wenn Sie Ihre Meinung geändert haben.“ Carter arbeitete in den frühen 1980ern bei Capitol Records als Produzent. Das Label hatte Tina Turner unter Vertrag genommen, doch nach einer Umstrukturierung wurde ihr gekündigt, noch bevor sie einen Ton aufgenommen hatte. Carter aber glaubte an Turners Potenzial — und seine dramatische Geste hatte Erfolg.

1983 nahm sie eine Coverversion von Al Greens Let’s Stay Together auf und landete so einen Hit auf beiden Seiten des Atlantiks. Danach wollte Capitol dringend ein Album von ihr, sie lieferte. 1984 erschien das epochemachende Private Dancer. Es verkaufte sich 20 Millionen Mal und markierte den Aufstieg von Tina Turner zum Superstar. Sie verkaufte 200 Millionen Platten und war jene Frau im Pop, die das meiste Livepublikum an sich binden konnte: Bei einem Konzert in Rio de Janeiro spielte sie vor 188.000 Menschen – Weltrekord. Nun ist Tina Turner gestorben.



© DerStandard, Kultur, 24.5.2023



Tina Turner ist tot:

Mit Tränen netzte sie die Melodie, kreischend pfefferte sie die Rhythmen

Sie war eine der stilbildenden Sängerinnen in Soul, Rock und Pop. Tina Turner begeisterte durch unvergleichliche Stimmkraft und Expressivität. Nun ist die amerikanische Sängerin, die 2013 den Schweizer Pass erworben hatte, im Alter von 83 Jahren gestorben. Von Ueli Bernays.

Sie lebte sich aus im Gesang. Sie verwirklichte sich in den Stimmungslagen von Bitterkeit und Euphorie. Wer sich an die energetischen Auftritte von Tina Turner erinnert, denkt sofort an ihre furiose Performance, an Passion und Virtuosität. Hatte sie Atem geschöpft für ihre expressive Wucht, dann erzitterten Körper und Seele. Und das Publikum erwartete einen unvergleichlichen emotionalen Steigerungslauf.

In den Niederungen des Blues flackerte die Wut, im Soul gärten Trauer und Schmerz, die Tina Turner aufzusaugen schien wie ein Gift, das sie in die dynamischen Extreme trug. Mit Tränen netzte sie die Melodie, kreischend pfefferte sie die Rhythmen. Tina Turners Klagen mochten manchmal herb und bitter klingen. Und doch fand die Power-Sängerin gerade im Fortissimo des Protests zu sich selbst, zu ihrem persönlichen Stolz. Und zu musikalischer Höchstform. Das Fortissimo war überhaupt ihr Element. Hier schwang sie sich über die Erregung hinaus in die gellenden Register des Triumphes. Und die triumphierende Tina Turner wurde zur Ikone.




© NZZ, Feuilleton, 24.5.2023


Simply the very best

Gewaltig, unbezwingbar, kraftvoll und zugleich charmant. Tina Turner, Pop-Tinanin spätestens seit den 80er Jahren, ist mit 83 Jahren gestorben. Von Jan Feddersen.

Im Nachhinein, jetzt, im traurigen Moment, wenige Stunden nach ihrem Tod, mit dem Signal, dass sie wirklich niemals mehr auf eine Stadionbühne irgendwo in der Welt gehen wird, zur wirklich allerletzten Tournee, scheint es, als hätte es ja so kommen müssen, so monströs erfolgreich und lebenssatt. Am Ende ist alles wie zu einem harmonisch geschlossenen Kreis geworden: So ließe sich Tina Turners Leben erzählen, und so war es natürlich nicht.

Dass ihre Karriere so fulminant verlief, hat eben damit zu tun, dass sie, geboren als Anna Mae Bullock in Brownsville im US-Südstaat Tennessee, durch solch tiefe Täler (des Lebens schlechthin) gehen musste, um schließlich das stets Unwahrscheinliche zu schaffen: zu überleben – und dabei zu zeigen, was sie künstlerisch drauf hatte. Und wie!

Am wenigsten hätte nur irgendjemand Anfang der achtziger Jahre darauf gewettet, dass sie nochmal so richtig hochkommen würde. Da war sie eine Frau von über 40 Jahren, eine Sängerin mit schon beeindruckender künstlerischer Vita.



© TAZ, Kultur, 25.5.2023



Weitere Nachrufe in FAZ, Presse und Tagesspiegel. Die NZZ sammelt Stimmen von Prominenten und würdigt Turner mit einer großen Bilderstrecke.

© Efeu / Perlentaucher, 25.5.2023

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