Wie es zur Renaissance von Cassetten als Tonträgern kam. Eine Spurensuche zwischen ESA-Raumfahrtagentur und DIY-Homerecording. Von Lars Fleischmann.
Totgesagte leben länger. Nahezu unbeachtet vom Mainstream ist in den letzten Jahren eine äußerst umtriebige Musikszene entstanden, die sich eines steinalten Mediums bedient: Wir sprechen nicht etwa vom grassierenden Vinylboom, sondern von der Kompaktkassette (engl. Compact Cassette, CC, oder auch MC für Music Cassette) und ihren Jünger:Innen – bisher eine Nische, die von größeren Marktaktivitäten und wohlfeilem Investorengeist unbehelligt bleibt.
Während für das Wiederaufleben der Schallplatte mehr oder weniger schlüssige Gründe angeführt werden können – warmer Sound, durch Form und Verpackung prädestiniert zum Sammelobjekt et cetera –, drängt sich die Kassette mit ihrem Plastiküberschuss und den knirschenden Hüllen nicht unbedingt als Fetisch auf. Man muss darüber hinaus in diesen Tonträgern herumspulen, kann Stücke nicht gezielt ansteuern, das Band wird eingezogen, auch mal „gefressen“, leiert mit der Zeit aus und klingt dünner.
Doch trotzdem gibt es nicht nur hierzulande eine rege Szene, die auf das magnetische Band in der PET-Hülle schwört. Ab wann und warum man sich der Kassette wieder zugetan zeigte, darüber lässt sich vortrefflich streiten: In der hiesigen Musikszene sehr prominent ist das Berliner Label Mansions & Millions, das 2020 sogar den Indie Award des Verbands der unabhängigen Musikunternehmer*innen (VUT) gewinnen konnte.
© TAZ, Kultur, Musik, 23.9.2022