„Rotlicht und andere Bezirke“ Der Filmemacher Dominik Graf zum 85. Geburtstag
Dominik Graf arbeitet sich an Deutschland ab. Er macht Filme über seine Heimat. Über Schiller, Goethe und Brentano. Aber er geht auch dorthin, wohin kaum ein anderer Regisseur geht: Er erzählt vom Aufstieg und Fall eines Zuhälters. Er wagt sich ins Milieu der russischen Mafia in Berlin. Er ermittelt in Sachen Mädchenhandel im oberfränkischen Hof.
Von Moritz Holfelder
Egal ob Provinz oder Großstadt – immer ist da ein profundes Interesse an Lebenswirklichkeiten, die ein ganz anderes Land repräsentieren als das, welches wir sonst aus dem Kino oder dem Fernsehen kennen. Der 1952 in München geborene Filmemacher und vielfache Grimme-Preisträger erzählt leidenschaftlich von Verbrechen und Städten, genauer gesagt: von Orten und Tatorten.
Dominik Graf macht ein Kino der Selbsterforschung – darüber, wie einsam und dabei entschlossen Menschen bisweilen sind. Er entwickelt eine große Neugierde auf den Einzelnen und bezieht immer das gesellschaftliche Umfeld und die gebaute Umgebung mit ein. In seinem im Jahr 2000 gedrehten Filmessay „München – Die Geheimnisse einer Stadt“ heißt es zu Beginn: „Dies ist München, aber es könnte auch jede andere Stadt sein, die groß genug ist zu zeigen, wie die Lebensgeschichte jedes Einzelnen verstrickt ist in die Geschichte eines Ortes, wie sich das Persönliche und das Anonyme dort ineinanderschieben und ergänzen. Ob man will oder nicht, so trägt jeder seine eigene innere Stadt in sich, und wie bei einem Baum würde ein Schnitt Altersringe sichtbar machen, die sozusagen abbilden, wie die Stadt in uns allen wächst oder andersherum: wie man selbst in die Stadt hineinwächst.“
„Aber es war für mich immer klar, dass ich nach München zurückkomme. Ich hatte das Glück, dass ich nach dem Abitur in München in die große goldene Olympia-Ära reinfiel. Besser kann man es, glaube ich, mit München nicht treffen. Davon bleibt immer noch ein leicht, doch jetzt langsam stark verblassender Glanz auf München für mich zurück, als Heimatstadt, die wirklich mal was bedeutet hat, die mal eine Stadt war, wo man dachte, Donnerwetter, München hat ja fast schon utopistische Momente, also auch in der Architektur, das ging ja wirklich mal in die oberste Weltklasse. Das hat sich in den letzten 20 Jahren eher so in die Zwergenliga zurück entwickelt, aber da war es ja eigentlich auch immer angesiedelt. Im Grunde ist es ja auch das berüchtigte Dorf, die Provinzstadt. Das hat mal mehr und mal weniger Charme, aber es ist trotzdem der Ort, der unglaublich viel hervorgebracht hat, was ich auch liebe!“
(Dominik Graf)
Moritz Holfelder begibt sich in seinem Feuilleton „Rotlicht und andere Bezirke“ gemeinsam mit Dominik Graf auf die Suche nach den Biografien von Menschen und Städten, an Orte, denen ihr Geheimnis erst entlockt werden muss.
© Bayern 2, Bayerisches Feuilleton, 10.9.2017
1975: Carlas Briefe 1977: Der Mädchenkrieg (Darsteller) 1979: Der kostbare Gast 1980: Der Familientag 1982: Das zweite Gesicht 1983: Köberle kommt (Fernsehserie, 6 Folgen) 1984: Treffer 1985: Drei gegen Drei 1985–1993: Der Fahnder (Fernsehserie, mehrere Folgen) 1986: Tatort – Schwarzes Wochenende 1987: Die Katze 1988: Bei Thea 1989: Tiger, Löwe, Panther 1990: Spieler 1993: Morlock – Die Verflechtung 1994: Die Sieger 1995: Tatort – Frau Bu lacht 1996: Sperling und das Loch in der Wand 1996: Reise nach Weimar 1996: Irren ist männlich (als Darsteller) 1997: Denk ich an Deutschland … – Das Wispern im Berg der Dinge 1997: Der Skorpion 1997: Doktor Knock 1998: Sperling und der brennende Arm 1998: Deine besten Jahre 1999: Bittere Unschuld 2000: München – Geheimnisse einer Stadt |
2002: Der Felsen 2002: Die Freunde der Freunde 2002: Hotte im Paradies 2004: Kalter Frühling 2004: Polizeiruf 110 – Der scharlachrote Engel 2005: Der Rote Kakadu 2006: Eine Stadt wird erpresst 2006: Polizeiruf 110 – Er sollte tot 2007: Das Gelübde 2008: Kommissar Süden und der Luftgitarrist 2009: Deutschland 09 – Der Weg, den wir nicht zusammen gehen 2010: Im Angesicht des Verbrechens 2011: Dreileben – Komm mir nicht nach 2011: Polizeiruf 110 – Cassandras Warnung 2011: Das unsichtbare Mädchen 2012: Lawinen der Erinnerung 2013: Tatort – Aus der Tiefe der Zeit 2014: Die geliebten Schwestern 2014: Es werde Stadt! 2014: Die reichen Leichen. Ein Starnbergkrimi 2014: Polizeiruf 110 – Smoke on the Water 2015: Was heißt hier Ende? Der Filmkritiker Michael Althen (Porträt) |
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