„Unabhängige Raumfahrt“ Post-Brexit-Konzeptalbum von Kode9

Der Musiker Kode9 hat sich für „Escapology“ den futuristischen Soundtrack eines Post-Brexit-Videospiels ausgedacht. Sein Album ist rasend aktuell. Von Julian Weber.

Eine bessere Zukunft ist möglich. Eine Zukunft, in der der Geschichte Gerechtigkeit widerfährt. Zumindest ist das so, wenn der britische Elektronikproduzent Kode9 (Steve Goodman) einen Blick auf morgen wirft, ein Morgen, an dem es kräftig rumpelt; das suggerieren immer neue Level einer VR-Looping-Spieloberfläche des Computerspiels „Astro-Darien“, dessen Klangkulisse Kode9 nun musikalisch in seinem neuen Album „Escapology“ kartografiert hat.

Goodman ist ein Multi­checker. Mit seinem Label Hyperdub hat der britische Künstler seit der Jahrtausendwende Dancefloorsound von Drum’n’Bass erst weiter zum Dubstep geführt und von dort aus in eine stilistisch offenere, basslastige Klangatmosphäre.

Inzwischen beherbergt das Label auch Footwork aus Chicago, Remixe von japanischen Videospielen und das breite Spektrum der progressiven britischen Tüftlerbrigade von Lee Gamble bis Ikonika. Im Londoner Club „Corsica Studios“ veranstaltet Goodman seit 2017 regelmäßig die hochgelobte DJ- und Performance-Reihe „Ø“, auch sie bietet der losen Szene zwischen Dancefloor, Kunst und Den­ke­r:in­nen­stirn ein Versuchsfeld, wie es das im tot kommerzialisierten London kaum noch gibt.



© TAZ, Kultur, 9.7.2022


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