Musiktipps

VAN Magazin: Moor Mother – Verstehen, nicht vergessen, weitermachen

Dichterin, Musikerin und Aktivistin Moor Mother über die Adaption von ›Analog Fluids of Sonic Black Holes‹ für Orchester, ihr Interesse am Leben von Musiker:innen und Musiken als „liberation technologies“. Von Olivia Giovetti.

Im Jahr 2020 wurde der britische Mathematiker Sir Roger Penrose mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet für seine Theorie, dass Schwarze Löcher »unausweichlich und perfekt« seien, wie die Kosmologin und Autorin Janna Levin in ihrer ZUsammenfassung seine Arbeit ausdrückt: »Ein Schwarzes Loch ist in seiner Makellosigkeit wie ein fundamentales Teilchen. Der Ereignishorizont verbirgt jede Individualität, sie sind nicht mehr zu unterscheiden.«

Ein Jahr zuvor veröffentlichte die Dichterin, Musikerin und Aktivistin Moor Mother das Album Analog Fluids of Sonic Black Holes. Es ist ein eher kosmisches als kosmologisches Werk, das sich durch die Geschichte windet, um Jahrhunderte von generationenübergreifendem Trauma, Unterdrückung und Hartnäckigkeit zu illustrieren. Whitney Wei beschreibt die Arbeit von Moor Mother treffend als »Sprengung des Mythos Amerika und Suche in den Trümmern, um die Stimmen der am stärksten entrechteten Menschen der Nation zu finden und das kollektive Gedächtnis der Schwarzen zurückzufordern und neu zusammenzusetzen«. Die Art und Weise, wie Moor Mother die Fäden des kollektiven und des individuellen Gedächtnisses, der Geschichte und der Soziologie verknüpft, ist ebenfalls unausweichlich wie perfekt. Die verschlungenen Pfade der Geschichte bilden einen Ereignishorizont, der den Individualismus zugunsten einer größeren, grundlegenden Wahrheit überwindet.



Am 16. September führt Moor Mother beim Beethovenfest Bonn Analog Fluids of Sonic Black Holes auf in einer von Ian Anderson (einem Mitglied des Streichquintetts Wooden Elephant) für Streichquintett und Orchester arrangierten Version. Dazu erklingt Bruckners 7. Sinfonie: epische Werke über Trauer und Verlust, voller Querverweise und mit einem ausgeprägten Bewusstsein für Geschichte. Ich treffe Moor Mother an dem Ort, den sie »Zoom Nation« nennt.




© VAN Magazin, 7.9.2022

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