Von Mariel McLaughlin. Fernreisen verheißen transzendente Erfahrungen: Wir können andere werden, anderen begegnen, unsere Grenzen kennenlernen und überwinden. Doch diese Sehnsüchte sind unerfüllbar und basieren auf kolonialistischen Mustern.
Mit ihrer Reise quer durch Südamerika wollte Mariel McLaughlin sich verändern. Begegnungen mit unberührten Kulturen, der Kampf gegen Unwetter und widrige Situationen, von all dem versprach sie sich eine einschneidende Erfahrung, zumindest aber eine attraktive Station im Lebenslauf.
Doch McLaughlin stellte ernüchtert fest: Auf Reisen nimmt sie sich immer selbst mit. Die Einheimischen bleiben Fremde und spiegeln ihr nur ihren exotisierenden Blick wider. Grand Tours, Hippie Trails damals und Backpacker-Reisen heute folgen alle tiefen kolonialistischen Mustern. Reisen hält nicht, was es verspricht–aber es erschüttert auf unerwartete Weise.
© Deutschlandfunk, Essay und Diskurs, 3.2.2023