Best of 2020Best Of The YearsMusiktipps

SZ: Andrian Kreye – Die besten Jazzplatten 2020

Von Nubya Garcia über die „Irreversible Entanglements“ bis zu „Fette Hupe“ und, nach geplantem Verriss, doch: Pat Metheny. Eine sehr subjektive Bestenliste.

Spätestens im Herbst wurde einem als Jazzhörer mit aller wolkengrauen Schwere klar, dass man sich für eine Kunst begeistert, die vor allem vom Moment des Entstehens lebt. Zum Glück gab es eine ganze Flut grandioser Platten. Vor allem rhythmisch brach noch mal sehr viel weiter auf. Und wie jedes Jahr bleibt vieles außen vor, wenn man sich beim Rückblick auf zehn Alben beschränkt. 

Durchbruch-Alben, die von Konzerten flankiert ihre ganze Wirkung entfaltet hätten, wie das Kaleidoskop der Global Beats der Tenorsaxofonistin Nubya Garcia auf „Source“ (Concord) oder der unfassbar dichte Funk der Band Butcher Brown auf „#KingButch“ (Concord). Alben aus Städten, die man gerne besucht hätte, weil sie gerade ihren eigenen Weg finden wie Johannesburg (Ndabo Zulu, Linda Sikhakhane, Asher Gamedze, Thandi Ntuli) oder Chicago (Jeff Parker, Makaya McCraven, Matana Roberts). Deswegen gilt auch dieses Jahr die Maxime der objektiven Betrachtung der subjektiven Wahrnehmung, also: Was blieb im Stapel vor dem Plattenspieler, was rotierte in den Playlisten des privaten Streams? In alphabetischer Reihenfolge:

Christian Scott aTunde Adjuah: „Axiom“ (Ropeadope). Wenige Tage vor dem Lockdown in New York spielte der Trompeter mit seiner Band noch ein Live-Set, das auch als Aufnahme enorme Wucht entwickelt.

Fette Hupe: „Modern Tradition“ (Berthold). Eine der besten zeitgenössischen Big Bands arbeitet in Hannover. Fette Hupe haben einen Zusammenhalt, mit dem das Orchester einen Schwebezustand erreicht, den sonst nur sehr Erleuchtete und Gurus hinkriegen.

Irreversible Entanglements: „Collective Calls“ (International Anthem). Nicht einmal der Hip-Hop brachte die Wut der „Black Lives Matter“-Generation so heftig auf den Punkt wie das Kollektiv der Lyrikerin Moor Mother aus Philadelphia.

https://youtu.be/ptyTlIs3VxQ

© Süddeutsche Zeitung, Kultur, Jazzkolumne, 14.12.2020

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert