Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung. Rezensent Peter Richter erinnert sich gern an den Magnetband-Untergrund der späten DDR, als Kassetten freier getauscht oder weitergegeben werden konnten als alles Gedruckte.
Der an den Samisdat angelehnte Kunstbegriff „Magnetizdat“ im Titel mag nicht besonders eingängig sein, aber Richter versichert, dass es der Band in sich hat. Denn die Herausgeber und Beiträger schwelgen nicht nur selig in Erinnerungen an eine Musikszene mit Bands wie Ornament & Verbrechen, Herbst in Peking oder Die Arroganten Sorben, deren Konzerte irrsinnige Happenings waren, wie der Rezensent weiß, sie geben durchaus auch den kritischen Stimmen Raum, den Friktionen innerhalb der Szene und ihren hässlichen Seiten (Sascha Anderson). Richter liest in diesem Band durchaus auch Beklemmendes und Bitteres, geradezu bestürzend findet er die absurd tragischen Todesfälle vieler Protagonisten nach dem Mauerfall. Aber der „freudbetonte Jargon“ hallt am deutlichsten nach: „Wir gingen eigentlich nie uninformiert auf die Bühne. Fußnote: uninformiert = nüchtern.“
© Perlentaucher, Bücherschau des Tages, 27.6.2023