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Essay: „Die Aktivierung vergangener Utopien“ Mit Picard und Benjamin in das Museum der Zukunft

Von Nora Sternfeld. Oft sind sie zu Kathedralen der Hochkultur erstarrt, die Museen des 21. Jahrhunderts. Hüter des Kanons, stets unterfinanziert, stets überambitioniert. Dabei könnten sie doch so viel mehr sein, Labore der Zukunft, Superhelden im unübersichtlichen Diskursdschungel der Gegenwart.

Es könnte so schön sein, wenn … Museen zu Orten der Begegnung, der Gegenöffentlichkeit, der Herausforderung der eigenen Sammlungen werden, kurz zu Orten einer Selbstbefragung einer demokratischen Gesellschaft. Im Rahmen der „Denkfabrik“ des Deutschlandradios befragen wir die altehrwürdige Institution des Museums auf seine Zukunftstauglichkeit. Doch welche Zukunft soll das eigentlich sein, in Zeiten, in denen autoritäre Politik wieder denkbar ist, in der die Bildungschancen von Kindern und Erwachsenen von den finanziellen Mitteln abhängen, in der eine Gesellschaft der nötigen Transformation in eine klimaschützende Zukunft eigentlich nur hinterherläuft?

Vielleicht ist es die dringendste Aufgabe des Museums der Zukunft, uns aus der Zukunft, auf die wir gegenwärtig zutreiben, zu befreien, um eine andere, bessere, freiere Zukunft zu stiften, oder zumindest ihre Entwürfe zu begleiten? Dieses spezifische Museumspotenzial, das wir als materielles Reservoir vergangener Möglichkeiten bezeichnen könnten, führt zur Frage nach dem radikaldemokratischen Museum. Was können wir aus einer radikaldemokratischen Perspektive für das Museum als Museum lernen und was können wir uns erträumen?



Nora Sternfeld ist studierte Philosphin, hat an der Akademie der Bildenden Künste in Wien promoviert, an zahlreichen Universitäten von Zürich bis Helsinki unterrichtet. Sie hat etliche Ausstellungen kuratiert, war documentaProfessorin in Kassel, ist seit 2020 Professorin für Kunstpädagogik an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Ihre wichtigsten Bücher sind Das Pädagogische Unverhältnis. Lehren und Lernen bei Rancière, Gramsci und Foucault (2009) und Das radikaldemokratische Museum (2018). 

© Deutschlandfunk, Essay und Diskurs, 5.5.2024

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