„Filme, die niemand sehen will“ Die älteste Videothek der Welt

In Kassel befindet sich die älteste Videothek der Welt. Filme leiht dort aber fast niemand mehr aus. Wichtiger ist das Festival demnächst. Von  Juliane Preiß.

Irgendetwas stimmt hier nicht. Wo ist der Muff? Dieser Geruch nach abgegriffenem Plastik, der einem entgegenschlägt, wenn man eine Videothek betritt. Kein dicker Teppichboden, der die Schritte schluckt, stattdessen anthrazitfarbene Fliesen. Frisch ist die Luft im Film-Shop Kassel trotzdem nicht. Die Sommerhitze liegt über der Stadt, der Feierabendverkehr fließt zäh über die Kreuzung von Grünem Weg und Erzberger Straße, fünf Minuten Fußweg vom Hauptbahnhof. Die Luft ist drückend, die Sonne knallt durch die Schaufensterscheiben des 50er-Jahre-Baus. Der Ventilator hinter der Theke ist zwar an, aber machtlos.

Hochdruckgebiete sind für Videotheken von jeher schlecht fürs Geschäft. Für den Film-Shop ist die Wetterlage aber erst mal egal. Denn eine richtige Videothek ist er nicht mehr. Man kann sich zwar noch DVDs ausleihen, aber das macht kaum noch jemand.

„Manchmal bin ich froh, wenn überhaupt jemand kommt“, sagt Harald Schwabe, dienstältester und einziger Mitarbeiter. Meist seien es Filmfans, Neugierige oder Touristen, die kommen, um sich die älteste Videothek der Welt anzuschauen, als die der Film-Shop offiziell im Guinnessbuch der Rekorde gelistet ist.



© TAZ, Kultur, 18.9.2023

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