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Für William Hurt „Der Feingliedrige“

Aus den muskelbepackten Achtzigern ragte William Hurt als Hollywoodstar mit hoher Stirn und Wandlungsfähigkeit heraus. Ein Nachruf auf den Oscar-prämierten Schauspieler. Von Gerhard Midding.

William Hurt fing ganz oben an. Seine große Zeit hatte der Schauspieler aus Washington, D.C. in den Achtzigerjahren, gleich mit seinem ersten Kinoauftritt in Der Höllentrip wurde er zum Star. Unter der Regie von Ken Russell entfaltete Hurt jene Präsenz, die charakteristisch für ihn werden sollte: Als Harvard-Forscher, der einen faustischen Pakt mit sich selbst eingeht, wurde er zum Mann, für den die eigenen Grenzen vor allem etwas waren, das es zu überschreiten galt. Aus einem ehrgeizigen, aber rationalen Wissenschaftler wird dabei ein mad scientist, der bei einem Selbstexperiment im Isolationstank die Schranken des eigenen Bewusstseins aufsprengt und Vorsicht ebenso wie Vernunft fahren lässt.

Ein Januskopf, ein Wahrheitssucher um jeden Preis, der sich dem absoluten Nichts anvertraut und das Risiko eingeht, die eigene Seele zu verlieren: Das war William Hurt in Der Höllentrip und das ist auch gar keine schlechte Metapher für den Beruf, dem er nachgegangen ist. Nie behauptete Hurt, die Figur zu sein, die er gerade spielte. Achtsam und kunstvoll stellte er sie stattdessen her, wie er es am Theater gelernt hatte. Ein Verwandlungskünstler der britischen Schule, kein method actor, der sich eine Rolle mit Haut, Haaren und affektivem Gedächtnis einverleibt.



© Zeit Online, Kultur, Film, 14.3.2022

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