Die britische Musikerin blickt umfangreich zurück. „B-Sides, Demos & Rarities“ komplettiert das Bild einer außergewöhnlichen Künstlerin. Von Karl Fluch.
Nach einer guten halben Stunde kommt ein Lied mit dem Titel Maniac. Das ist gewissermaßen eine manifeste Behauptung und wurde 1995 als B-Seite der Single C’Mon Billy veröffentlicht. Und: Es erfüllt die Anforderungen für Aufnahme in diese Sammlung – eine Zusammenstellung von B-Seiten, Raritäten und Demos.
Es handelt sich um Songs der PJ Harvey, die in ihrer rund 30 Jahre dauernden Karriere noch keine so umfangreiche Kompilation veröffentlicht hat wie PJ Harvey – B-Sides, Demos & Rarities.
Der Song Maniac ist als zehntes Lied dieser auf sechs Vinylscheiben oder drei CDs ausgelieferten Sammlung so etwas wie ein überflüssiges Geständnis. Denn alle bis dahin zu hörenden Aufnahmen belegen bereits, dass sie das Produkt manischer künstlerischer Arbeit sind.
Die Chronologie von B-Sides, Demos & Rarities ist dergestalt, dass zuerst die zwischen Punk und Blues angesiedelten Arbeiten zu hören sind. Deren skelettierte Wucht beschreibt das Frühwerk der heute 53-jährigen Britin Polly Jean Harvey sehr gut. Sie verschwendete nichts auf Firlefanz, kein Dekor verstellt diese Songs, keine Schöntuerei. Sie klingen wie Exorzismen, nach widerspenstiger Selbstzerfleischung.
© DerStandard, Kultur, 27.1.2023