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Release Date: 21.4.2023 Musik von Alessandra Rombolà, Billy Roisz, Ingar Zach und Lucaslavia

Gegensätze, ich mag Gegensätzliches und so treffen hier eine Flötistin, eine Bassistin, ein Schlagzeuger und Death Ambient aufeinander. Nur, dass die Flötistin keine gewöhnliche ist. Die Bassistin auch mit Elektronik umzugehen weiss und der Schlagzeuger eher am Erforschen ist, als am eigentlichen Spiel. Spannend.


Es sind natürlich wieder zu viele Releases für den 21.4.2023 und mit „Ogives“ musste ich ein Release auch herausnehmen und sie bekamen einen extra Tipp! Und diesen bitte nicht verpassen. Am Schluss, findet ihr all jene, für die meine Zeit nicht genügt hat. Und was vor allem auch keine Wertung ist!


Alessandra Rombolà – Out of the Playground / SOFA


SOFA Music ist stolz darauf, die herausragende Flötistin Alessandra Rombolà mit Out of the Playground in seine Reihen aufnehmen zu können. Das Album dokumentiert Rombolàs jüngste Auftragsarbeiten und Kollaborationen für Soloflöte und Elektronik mit den Komponisten Daniela Terranova, Jan Martin Smørdal, Ingar Zach und Lasse Marhaug. Die fünf Beiträge des Albums, die auf Rombolàs vielseitigem Rombolàs vielseitigem musikalischen Hintergrund entstammen, sind vereint in ihrer Mission, sich „aus dem Spielplatz“ der Szenen und Genres herauszuwagen, wie Rombolà es ausdrückt. In diesen prägnanten, forschenden Werken vermitteln Rombolàs leidenschaftliche Darbietungen vermitteln neue Visionen von Freiheit und Entdeckung. © Text: Label


Alessandra Rombolà

Eröffnet wird das Album mit Répétitions II des norwegischen Komponisten Jan Martin Smørdal (geb. 1978), gefolgt von Répétitions I (beide 2020). Diese Werke nutzen den Addcoder – ein ein vom Komponisten in Zusammenarbeit mit dem norwegischen Zentrum für Kunst und Technologie (Notam) entwickeltes Audiogerät, das gleichzeitig aufnehmen, verstärken und wiedergeben kann, in zwei Studien der Wiederholung. Die Flötistin beginnt beide mit einer Phrase, die sie mit Hilfe des Addcoders versuchen soll, exakt zu wiederholen. Das Gerät schichtet diese Versuche übereinander, und mit der Zeit entsteht eine Lawine von Wiederholungen. Vom Charakter her sind die beiden Répétitions diametral – die erste träge, die zweite praktisch kohlensäurehaltig, aufgebaut auf einer kurzen, sprudelnden Phrase, die Rombolà während eines technischen Missgeschicks improvisierte. Diese „Klangskulpturen“, wie Smørdal sie beschreibt, gewinnen ihre Konturen aus winzigen Variationen; in dem geringen Abstand zwischen einer Iteration und der nächsten gibt es ein Portal.

The Ring (2018), das gemeinsam mit dem norwegischen Perkussionisten und Komponisten Ingar Zach (*1971) geschrieben wurde, wurde durch das Interesse der beiden an der kreisförmigen Zeit inspiriert. Rombolà spielt die Rombolà spielt die erste Hälfte auf der Bassflöte im Dialog mit Zachs Tonbandmaterial, das aus kleinen perkussiven Zellen besteht, die Rombolà auf der Bassflöte aufgenommen hat. Bald durchdringen elektronische Akkorde den Raum, die von einem spärlichen Filigran der Piccoloflöte verziert werden. Für Rombolà erreicht Zachs sich langsam bewegende Elektronik, die von Rombolàs ungestümerem Spiel konterkariert wird, das ätherische Gleichgewicht von The Ring.
In Breathing rust and clouds (2019) der italienischen Komponistin Daniela Terranova (geb. 1977) vermittelt ein Feuerwerk an perkussiven Techniken das Auftauchen hoher, zerbrechlicher Fragmente. Das Breathing rust and clouds ist das einzige Werk auf dem Album, das ohne Elektronik auskommt, und bietet dennoch eine gesellige Tour durch die klanglichen Möglichkeiten, die aus Rombolàs Wunsch resultieren, dass die Komponistin auf ihr früheres Rombolàs Wunsch, dass die Komponistin auf ihre früheren taktilen Kompositionen für Streicher zurückgreift.

Um die klanglichen Territorien von Our Forbidden Land (2022) zu kartieren, überlagerte der norwegische Komponist Lasse Marhaug (*1974) Aufnahmen von Rombolàs Spiel als Reaktion auf imaginäre Aufforderungen, über die Rombolà später melodische Linien legte. Indem sie Andeutungen von Unterschlüpfen im Wasser, luftigen Baldachinen und vibrierenden Bienenstöcken heraufbeschwört, ist die Flöte unser unberechenbarer Leitstern, der sich manchmal klar ausdrückt und sich manchmal bis zur Unkenntlichkeit verwandelt. Das Werk wurde während eines Umzugs von Marhaug und Rombolà geschrieben und hat, so Rombolà, mit „verbotenen Träumen“ vom Leben an anderen Orten zu tun, einer Sehnsucht nach bekannten und unbekannten Häusern.


Der Titel von Rombolà erinnert uns daran, dass der Spielplatz für viele von uns einst eine Art Eden war. Aber dieses Paradies ist längst verfallen: Wir sind längst vom Klettergerüst gefallen und haben uns die Knie am kompromisslosen Asphalt aufgeschürft. Raus aus dem Spielplatz – und wohin? Man munkelt, dass ein Flötenspieler den Weg kennt.
— Jennifer Gerston



Billy Roisz – BAJO / Ventil Records


Billy Roisz ist seit vielen Jahren eine treibende Kraft in der experimentellen Berliner Musikszene. Sie ist weithin bekannt für ihre filmischen Arbeiten und wurde von der Kritik für ihre künstlerische Arbeit gelobt. Ihre Filme werden regelmäßig auf großen Filmfestivals wie Berlinale-Shorts oder dem IFF Rotterdam gezeigt. Ihr Arbeit reicht auch bis zur reinen Audioarbeit, wie sie sie mit diesem neuen Album präsentiert.

Ihre letzte Solo-Veröffentlichung Walking the Monkey stammt aus dem Jahr 2012 (Editions Mego) und nun stellt sie ihren Nachfolger vor: BAJO.
Eine klangliche Erkundung des Kontrabasses aus einem neugierigen und erfrischend unschuldigen Blickwinkel. Roisz erforscht das Konzept des „going low“ – nicht nur in Bezug auf die Frequenz, sondern auch in einem metaphysischen Sinne; wer erwartet, dass das Album ein dröhnendes Low-End-Szenario ist, liegt völlig falsch. © Text: Label


Billy Roisz

Billy Roisz schafft es, Musik zu komponieren, die sich tatsächlich so anfühlt, als befände man sich unter einer obskuren, aber faszinierenden viskosen oder erdigen Substanz, die im Hörer das dringende Bedürfnis hervorruft, noch tiefer zu graben, was BAJO zu einer Reise in die Tiefen des Klangs par excellence macht. Roisz verschmilzt die akustischen Signale des Kontrabasses nahtlos mit der Modulation elektronischer Geräte, wobei sie bewusst nur den Klang einer einzigen Klangeinheit hinzufügt, die von einem Becken, das ihrer langjährigen Bühnenpartnerin Silvia Fässler vom Duo Skylla gehörte.

Roisz nutzt Fehler und überraschende Begegnungen als Wegweiser, um facettenreiche Stücke voller verblüffender klanglicher Territorien und unerwarteter Assoziationen zu komponieren – fast wie ein Signature-Move. In der Tat führt BAJO den Hörer tief in die Höhle, in der man das erlebt, was man als Billy Roisz‘ ganz eigene rituelle Musik bezeichnen könnte. © Text: Label



Ingar Zach – strumento di etimo incerto / Aspen Edities


Ingar Zach ist ein nordischer Perkussionist mit südländischem Einschlag. Die Gran Cassa ist zu seiner Hauptquelle der Klangexploration geworden. Die mächtige Trommel wird sanft umspielt und von ihren bombastischen unteren Bereichen befreit. Stattdessen wird das Fell zu einem weiten Feld unterschiedlicher Klanglandschaften. Zach arbeitet im Bereich der zeitgenössischen Musik mit Ensembles wie Dans les arbres, Huntsville und O3 neben seinen Solo- und Gemeinschaftsprojekten. In den letzten Jahren komponierte er unter anderem Musik für das Ensemble MusikFabrik, das Quatuor Bozzini, Speak Percussion, Alessandra Rombolà und Pinquins. Er war Teil des Quintetts Linus + Økland/Van Heertum/Zach (mono no aware – Aspen 001, light as never – Aspen 014). © Text: Label


„strumento di etimo incerto“ ist das achte Soloalbum von Ingar Zach, das seine kontinuierliche Forschung mit seinen Instrumenten und deren Schwingungen präsentiert. Zachs charakteristische Klangquellen sind vibrierende Lautsprecher auf einer Gran Cassa, eine kleine Trommel und Pauken, die eine seltsame Welt schaffen, die aus rhythmischen Mustern und einer großen Vielfalt an Schwingungen besteht.
Der Musiker bietet Musik mit ungewissem Charakter an: Er sendet Impulse aus, die zu Impulsen führen. Die Klänge gruppieren sich und fallen auseinander, manchmal abrupt, aber immer subtil. Sie sprechen den Hörer mit körperlichen Empfindungen an, während ihre Bedeutung ganz im Ohr des Empfängers entsteht. © Text: Label



Lucaslavia – Furnace / Macro


Death Ambient: Lucaslavia arbeitet an den äußeren Ringen des Metalls und schmilzt seine Bestandteile zu bösartigen Sturzbächen der Wut. Furnace klingt wie eine Feldaufnahme aus dem sechsten Kreis der Hölle. Trotz seiner trügerisch ruhigen Anfangsform scheint uralter Hass in heftigen Strömen direkt unter der bleiernen Oberfläche zu wüten. Körperlose Stimmen reichen von geflüsterten Verwünschungen bis hin zu Schreien äußerster Wut, die sich in feurige Ewigkeiten erstrecken. Gigantische Klangwälle aus Schlagzeug, reißenden, verzerrten Gitarrenbögen und zischenden Rückständen von zersprengtem Stahl und Stein bauen bedrohliche Intensitätsebenen auf. Die einzige trügerische Atempause kommt von dem scheinbar schwachen mechanischen Knarren, das von den unerbittlichen und gewaltigen Anlagen in den Maschinenräumen des grenzenlosen Schmerzes ausgeht. © Text: Label


Stefan Goldmann

Lucaslavia wurde von Stefan Goldmann geschrieben und produziert und von Rashad Becker gemastert.
Stefan Goldmann hat elektronische Musik in 45 Ländern auf sechs Kontinenten aufgeführt, mit Formaten, die von DJ-Sets bis hin zu einer vierstündigen Oper mit Ensemble und einer raumgreifenden Installation. Er entwickelte spezielle Formate für das Berghain in Berlin, das LACMA in Los Angeles und den Honen-in-Tempel in Kyoto entwickelt und ist derzeit künstlerischer Leiter des Strom Festivals der Berliner Philharmoniker.

Stefan Goldmann entwickelt Musik, die sich aus den Grundlagen von Techno ableitet: Track, Raster, Sample und Loop werden dabei bis an ihre Grenzen konkretisiert und ermöglichen dadurch überraschende Gestaltungen und Umdeutungen. Die dabei entstehenden Arbeiten reichen von Technotracks bis zu abendfüllenden Kompositionen für Tanz, Ensembles und Film. © Text: Label




Wer hören will, wie heute auf einer Flöte musiziert werden kann, der sollte sich unbedingt Alessandra Rombolà mit ihrer ersten Solo-Veröffentlichung anhören. Sie beherrscht alle Spieltechniken mit Bravour und zeigt in den verschiedenen Kompositionen ihr Können. Keine leichte Kost, dafür wird man aber auch belohnt. Entdecken.

Wie Alessandra Rombolà ist auch Billy Roisz für mich eine Neuentdeckung. Billy spielt hauptsächlich Kontrabass, sie wurde auch durch Filmarbeiten sehr bekannt. Außerdem nutzt sie eine Vielzahl an elektronischen Geräten zur Erweiterung ihrer klanglichen Möglichkeiten. Auf ihrem Album wurde das Ausgangsmaterial so verfremdet, dass eine genaue Zuordnung, was ist jetzt der Bass und die Elektronik oder beides zusammen, nicht möglich ist. Muss es das? Ich finde nicht und das Ergebnis ist mehr als überzeugend. Mitunter krachende Elektronik trifft auf einen gewaltigen Bass. Stark.

Ingar Zach bewegt sich mittlerweile mit seinen Klangforschungen auf seinem eigenen Terrain. Mit vibrierenden Lautsprechern, die er auf seine Gran Cassa legt, erschafft er eine eigenwillige Klangwelt. Die aufgefangenen Schwingungen und die Impulse, die sich dann noch vervielfältigen, das alles macht seinen eigenen Reiz aus, der viel Aufmerksamkeit braucht. Ich bin gespannt, wohin es Ingar Zach mit seinen Klangforschungen noch führen wird.

„Lucaslavia“ ist ein weiteres Projekt von Stefan Goldmann. Im Text zum Release gibt es alle notwendigen Infos zu ihm. Da lohnt sich ein weiteres Hören. Warum ich „Lucaslavia“ mit in diese Tipps genommen habe? Ab und zu mag Ich diesen Krach, vor allem die Wucht und Kraft, die einem aus den Boxen entgegenschlägt. Das hat schon was. Allerdings wird man diese Musik zu Hause nicht richtig hören können. Denn die Lautstärke, die es braucht, damit diese Musik auch richtig wirken kann, ist zu Hause nicht machbar. Es sei denn, ihr wohnt allein in einem großen Haus und habt die entsprechende Anlage dafür. Die braucht es auch.







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