Kann man Free Jazz zu Hause hören? Diese Frage höre ich oft und ich kann nur sagen: Ja, natürlich. Und im Falle von Akira Sakata und Entasis geht das sogar sehr gut. Es gibt kein permanentes Free Play und das Zuhören der Musiker beim Spielen funktioniert sehr gut. Und ich habe es sehr genossen, ihre Musik zu hören.

Fotis Nikolakopoulos über das Konzert in Athen für das Free Jazz Collective:
Im Gespräch mit Chytiris kurz vor dem Auftritt fragte ich ihn, ob es einen Plan oder auch nur eine allgemeine Vorstellung davon gäbe, wie man spielen sollte. Seine Antwort war eindeutig nein. Und so ging es dann auch los, mit einer Spielzeit von etwa einer Stunde.
Selbst im Freejazz-Kontext ohne Improvisation neigen wir Zuhörer dazu, uns auf sein/ihr Spiel zu konzentrieren, wenn jemand der „größere“ Name ist. Das kommt manchmal ganz natürlich rüber. Beim Entasis-Quintett (was auf Griechisch Spannung bedeutet) geht es um kollektives Improvisationsspiel, nicht um einen großen Namen oder einen Solisten. Die Musik bewegte sich stark auf der Jazz- (oder Free Jazz-) Seite des improvisierten Spektrums.

Sie begannen recht aggressiv und Sakata war immer bereit, dem Rest Raum zur Entfaltung zu lassen. Nach einigen Minuten des totalen Gruppenangriffs folgte eine eher bluesige Atmosphäre. Ich hatte das Glück, neben Di Domenicos Klavier zu stehen und ihn dabei zu beobachten, wie er wie eine Naturgewalt die Tastatur auf verschiedenste Weise angriff. Ich will nicht über Tonleitern und Noten sprechen, denn dies war (und ist) eine Musik der Gefühle, sehr freundlich zu denen unter uns, die begeistert sein wollen und nur minimale technische Kenntnisse haben.
Und wir waren ziemlich begeistert. Das Zusammenspiel der Musiker war erstaunlich, und Chytiris konnte sich gut einbringen. Nachdem ich ihn schon einmal live erlebt habe, gefällt mir besonders seine Art, Spannung aufzubauen, wenn die Musik an Lautstärke und Energie zunimmt. Es gab keine klare Unterscheidung zwischen dem rhythmischen Rückgrat des Quintetts˙ Petros Damianidis und Chytiris schienen mir unterschiedliche Wege zu gehen und sich nicht darauf zu beschränken, den Rhythmus an irgendeinem Punkt zu halten.
Der Saxophonist, Essayist und Schauspieler Akira Sakata ist in Europa kein Unbekannter, vielleicht kennen einige von Euch das Projekt „Last Exit“ mit Bill Laswell, Peter Brötzmann, Sonny Sharrock und Ronald Shannon Jackson, das große Aufmerksamkeit erregte. Zahlreiche Tourneen führten ihn auch durch Deutschland. Und er ist sehr an grenzüberschreitenden Projekten interessiert, so tourte er mit DJ Krush durch die USA! Ein Musiker mit weitem Horizont. Akiras Zusammenarbeit mit Giotis Damianis, Giovanni Di Domenico für die Tournee von 2022 basiert auf einer Veröffentlichung von 2019 „Hōryū-ji„.
Auch der Schlagzeuger Christos Yermenoglou spielte dort. Allerdings verstarb er 2022 und so ist diese Veröffentlichung ihm gewidmet.
Es ist natürlich immer ein Vorteil, wenn man im Free Jazz schon zusammen gespielt hat. Es gibt keine Absprachen und so entsteht die Musik im Moment und man merkt auch beim Hören, dass das Konzert in Brüssel schon viel dichter und kompakter klingt als die Konzerte davor. Wobei die Schlagzeuger oft wechseln. Wie schon in der Einleitung erwähnt, gibt es kein permanentes Free Play. Akira ist nicht nur sehr eindrucksvoll an den Saxofonen und im Sprechgesang zu hören, Giotis Damianidis weiß mit seiner E-Gitarre gekonnt Akzente zu setzen und Giovanni Di Domenico am Piano hält das Geschehen gut zusammen. Aleksandar Škorić am Schlagzeug ist für mich die bessere Wahl, er schafft es im Brüsseler Konzert sehr gut, die richtige Energie und den richtigen Puls zu finden, der seine Mitspieler immer wieder nach vorne treibt. Dieses Konzert sticht schon ein wenig heraus. Unnötig zu erwähnen, dass beim Hören zu Hause auch die Lautstärke eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Ein starkes Statement für Free Jazz im Konzert und ein lohnendes Stück für die CD-Sammlung!