Release Tipp: Annea Lockwood – Glass World / CD+Book Room40

Annea Lockwoods Meilenstein „Glass World“ aus dem Jahr 1970 ist ein von klanglicher Neugier und poetischer Vorstellungskraft geprägtes Meisterwerk, das nun von Room 40 in einer remasterten Neuauflage mit Bonus-Künstlerbuch wiederveröffentlicht wird. Ein Muss für alle Fans von Pauline Oliveros, Christina Kubisch, Ruth Anderson, Madalyn Merkey, Tomoko Sauvage, Claire Rousay und Alvin Lucier.


Lawrence English über die Arbeit an diesem Projekt:

Der Versuch, den Lebensweg von Annea Lockwood als Komponistin und Interpretin zusammenzufassen, ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Seit nunmehr sechs Jahrzehnten hat sie sich eine vielfältige und fließende Existenz geschaffen, die verschiedene musikalische Bewegungen und Ansätze umkreist. Es ist ein Leben, das von Intuition, Neugier und Zuhören geprägt ist, ein Leben, in dem die Leidenschaft im Vordergrund steht und das Staunen im Überfluss vorhanden ist. Wenn man über einen Aspekt ihres Daseins nachdenken sollte, der in ihrem Alltag die größte Bedeutung hat, ist es vielleicht das Zuhören, das am stärksten mitschwingt. Es ist eine Praxis, die sie ihr ganzes Leben lang mit unerschütterlicher Hingabe zu vertiefen versucht hat.
Es ist eine Praxis, die sie ihr Leben lang mit unerschütterlicher Hingabe vertieft hat, und es ist eine Praxis, die sie im Absoluten unterstützt hat. Hier rückt Glass World in den Mittelpunkt, denn es dokumentiert einige ihrer ersten bedeutenden Studien zu Klang, Objekt und Hören. Es ist eine Aufnahme, die sie in einem Moment tiefer Faszination mit einem recht vertrauten Material, dem Glas, festhält.


Annea Lockwood: The glass concert

Diese Aufnahme zelebriert viele Dinge, unter anderem Lockwoods Bereitschaft, einzelne Klänge vollständig zum Klingen zu bringen. In jeder der dreiundzwanzig Vignetten, die hier aufgenommen wurden, lädt uns Annea Lockwood ein, uns mit ihr in die materielle Natur des Klangs zu versenken. Glass World schimmert mit einer fast fanatischen Glut. Sie strahlt eine vibrierende Intensität aus, die heute noch genauso stark ist wie bei ihrer ursprünglichen Veröffentlichung 1970 auf Tangent Records. Ich hatte das Privileg, diese Aufnahmen unter der Leitung von Annea neu zu mastern, und es war ein reines Vergnügen, mich so intensiv mit ihnen zu beschäftigen.

Parallel zu diesem Projekt haben Annea und ich ein langes Gespräch geführt, das in dem Buch, das dieser Ausgabe beiliegt, zusammengefasst ist. Das Gespräch geht von Anneas Arbeit an Glass World aus und versucht bewusst, ihre Interessen und Leidenschaften zu besuchen und dadurch eine bestimmte Perspektive zu enthüllen, die ihre Art zu sein und ihre Art zu machen geleitet hat.

Es ist mir eine Ehre, dass ich diese Ausgabe mit Ihnen teilen darf. Ich hoffe, dass auch Sie sich von An- neas mitschwingender Neugierde anstecken lassen und von diesen Klängen ebenso gefesselt werden wie ich (und viele andere) es waren.


Die in Neuseeland geborene Klangkünstlerin und Komponistin Annea Lockwood erhielt eine formale Ausbildung an verschiedenen Institutionen, bevor sie in den späten 1960er Jahren in einer Reihe von Performances das klangliche Potenzial von Glas erforschte. Mit Platten aus verdrahtetem Glas, Glasscheiben, grünen Glasscherben, Glasrohren, Mikroglasplatten, Gläsern und anderen Materialien erzeugte Lockwood eine erstaunliche Vielfalt an Klängen, von denen einige auf subtile Weise unheimlich und andere so fremdartig und außerirdisch waren wie alles, was aus den frühen Synthesizern jener Zeit kam.

Lockwoods Glaskonzerte führten zu einer Textpartitur, die in der nordkalifornischen Zeitschrift für neue Musik Source: Music of the Avant-Garde veröffentlicht und erregten die Aufmerksamkeit des südafrikanischen Produzenten Michael Steyn, der sie ermutigte, die Glasstücke für sein Label Tangent aufzunehmen. Zwei Jahre lang arbeiteten sie in einer kleinen, hallenden Kirche in London, um einen regelrechten Katalog von Klang und Timbre der Materialien zu dokumentieren; Lockwood wollte jeden Klang so präsentieren, als wäre er ein Musikstück für sich. Glass World erschien ursprünglich 1970 bei Tangent. © Text: Label



Mit Ausnahme von „Water Gong“ und „Deep Water Gong“, die alle unter 3 Minuten dauern, fließen die rein instrumentalen Teile in einem mühelos bezaubernden Zeitablauf über den Hörer hinweg, zukunftssicher durch ihre klagende Einfachheit, aber durchsetzt mit der Art von Details, die beim ersten Hören hängen bleiben und bei wiederholtem Hören belohnt werden. Es ist nicht schwer, Analogien zu Anneas Aufnahmen in den Arbeiten ihrer Zeitgenossen wie ihrer langjährigen Partnerin Ruth Anderson oder den tiefen Hörstrategien von Pauline Oliveros, Alvin Lucier oder Christina Kubisch zu hören, aber auch in der modernen Welt mit den direkten Ähnlichkeiten von Tomoko Sauvages und Claire Rousays kleinen Klangexperimenten oder den elektroakustischen Sensibilitäten von Teresa Winter und Madalyn Merkey, die zwischen den Welten liegen.

Ein Muss für das neugierige Ohr, nicht mehr und nicht weniger. © Boomkat Review

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