Release Tipp: Kaija Saariaho – Reconnaissance / BIS
Diese Veröffentlichung war „Record of the Week“ auf prestomusic und die Rezension stammt von David Smith, die ich gerne übernehme. Es ist ein überzeugender Beweis für Kaija Saariahos Fähigkeit, für Stimmen und Chöre zu komponieren. Es ist ein sehr guter Einstieg in die Klangwelt von Kaija Saariaho und weit mehr als nur eine Empfehlung.
Die Anfang Juni dieses Jahres verstorbene Kaija Saariaho widmete sich vielen musikalischen Genres, von der Kammermusik über Orchesterkompositionen bis hin zu Opern; ein Bereich ihres Schaffens, der auf Tonträgern relativ wenig vertreten ist, ist jedoch ihre Chorliteratur. Ein neues Album bei BIS mit dem Helsinki Chamber Choir (dessen 2019er Aufnahme der atmosphärischen Vigilia von Rautavaara ich für eine der besten Choraufnahmen aller Zeiten halte) unter Nils Schweckendiek zeigt Saariahos Werke für Chor, sowohl allein als auch mit instrumentalen und elektronischen Elementen. © Text: David Smith
Die vorliegende Einspielung präsentiert Kaija Saariahos Werke für Chor, a cappella und mit Elektronik und zeigt ihre Virtuosität im Umgang mit Texten, die sie mit der ganzen Bandbreite des verbalen Ausdrucks ausstattet. Mindestens eines dieser Werke ist auch eine diskographische Erstaufführung. Nuits, adieux, das hier sowohl in der A-cappella-Version als auch mit Elektronik präsentiert wird, könnte man als Schlaflied bezeichnen, nicht so sehr für ein schlafendes Kind als vielmehr für einen älteren Menschen, der außerhalb unserer Welt schläft. Horloge, tais-toi ist lustig und ernst zugleich und wurde für einen Kinderchor konzipiert. Écho! beschäftigt sich mit dem Mythos von Echo und Narziss, wobei die Idee des Echos natürlich durch Elektronik erweitert wird, die die Stimmen der Sängerinnen und Sänger bearbeitet und verhallt. Tags des Jahrs basiert auf Gedichten des deutschen Dichters Friedrich Hölderlin und zeigt eine archaische Chorbearbeitung, die durch menschliche Stimmen, Vögel, Wind und andere Naturphänomene erweitert wird. Überzeugung beschäftigt sich mit mittelalterlicher Musik und behandelt den Kontrast zwischen Hell und Dunkel als tranceartiges Wechselspiel zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Reconnaissance schließlich kann als ein „Science-Fiction-Madrigal“ betrachtet werden. Nils Schweckendiek und der Helsinki Chamber Choir führten dieses Programm erstmals im August 2022 im Rahmen der Feierlichkeiten zu Saariahos 70. Geburtstag auf. © Text: David Smith