Round Midnight – Extra: Für Emil Mangelsdorff, der mit 96 Jahren starb.

Legendär waren in den letzten Lebensjahren des Frankfurter Jazzmusikers Emil Mangelsdorff die Konzerte im Holzhausenschlösschen, idyllisch gelegen in einem innenstädtischen Park der Stadt. Die Gehhilfen stellte er zur Seite, nahm Platz auf einem Stuhl und das Altsaxofon zur Hand. Von Michael Laages.

Die Kollegen, oft aus der hr-Bigband (wie Tony Lakatos) oder alte Freunde wie Pianist Thilo Wagner und (bis zum Tod vor fünf Jahren) Schlagzeuger Janusz Stefanski, achteten sorgsam darauf, wie Emil anfing, denn eine ordentliche Titelliste gab’s eher selten für das Konzert. Aber die Stimmung war immer perfekt. Emils alte Vision vom immer neuen Swing war frisch und lebendig geblieben.

Verpflichtung zum Erinnern

Emil Mangelsdorff, Ur-Frankfurter vom Jahrgang 1925, hatte als Teenie in der Jazzmusik den Zauber des „Andersseins“ erfahren: im Gegenentwurf zum Marschtritt des deutsche Nazi-Faschismus. Bis zum Schluss hat er auch davon erzählt, am liebsten vor Schulklassen – wie damals Jungs wie er, „Swing-Heinis“ eben, tragbare Plattenspieler mitnahmen auf die Main-Boote und dort die geliebte Musik hörten. Und wie er selbst im Frankfurter Knast landete dafür, zum Glück nur für zwei Wochen. Die Erfahrung der frühen Jahre blieb ihm immer erhalten und er verstand sie als Verpflichtung für die Gegenwart.



© NDR Kultur, Round Midnight, 24.1.2022

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