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US-Sänger Lonnie Holley: Und immer wieder geht die Sonne auf

Auf „Oh Me Oh My“ reist der 73-jährige Soundpoet mit Gästen wie Michael Stipe oder Bon Iver zurück in eine traumatische Kindheit. Er entdeckt dabei die Kraft des Gospels. Von Christian Schachinger.

Auf seinem letzten Album Mith von 2018 stellte Lonnie Holley angesichts eines wieder erstarkenden Rassismus zu Hause in den USA gallig fest: „I woke up in a fucked-up America“. Und: „Let me out of this dream“. Der 1950 geborene Mann war in Alabama in bitterer Armut in einer dysfunktionalen Großfamilie aufgewachsen. Bald wurde er in eine staatliche „Erziehungseinrichtung“ verfrachtet und dort für mindestens ein Menschenleben lang gequält und traumatisiert. In den Zehnerjahren dieses Jahrhunderts schienen nun die Uhren wieder zurückgedreht zu werden. Ein Albtraum.



Holley improvisierte in Fucked-up America zu bedrohlich wie eine Schlammlawine abgehendem Free Jazz über den scheinbar hoffnungslosen Zustand seines Landes. Allerdings darf man Optimismus gegen alle Vernunft nicht unterschätzen. Mit heller, warmer und am Erweckungsgospel geschulter Stimme sah Holley auch ein wenig Licht.



© Der Standard, Kultur, 16.3.2023


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