Der Liberalismus steckt derzeit in der Krise. Der Soziologe Andreas Reckwitz interpretiert dies als Zeitenwende, in der sich ein neues politisches Paradigma herausbilden könnte. Andreas Reckwitz im Gespräch mit Wolfgang Schiller
Seit den 1980er-Jahren prägt das Paradigma eines öffnenden, apertistischen Liberalismus das gesamte politische Spektrum: Als emanzipatorischer Liberalismus von Links, als Wirtschaftsliberalismus von Rechts. Dieses Paradigma ist in die Krise geraten. Andreas Reckwitz interpretiert die gegenwärtige Krise des Liberalismus als Zeitenwende, in der sich ein neues politisches Paradigma herausbilden könnte.
Die rückwärtsgewandten, illiberalen populistischen Strömungen, die die politische Landschaft in den verganenen Jahren durchzogen haben, seien lediglich Symptome der Krise. Das neue Paradigma könnte wieder ein liberales sein, so Reckwitz‘ Prognose, in dem jedoch die Überdynamisierung der Gesellschaft einer stärkeren Regulierung weichen könnte, ohne dass man in die Starre einer sozial-korporatistischen Gesellschaft der ʹ50er-Jahre zurückfallen müsste.
© Deutschlandfunk, Essay und Diskurs, 9.5.2021